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Kombination aus Trieb- und Nassschneeproblematik in den letzten Tagen

Erstellt am 24. Dezember 2017

Ab Donnerstag fiel in den typischen Nordstaulagen oberhalb etwa 1000m Neuschnee (zum Teil regnete es kurzfristig auch höher hinauf). Der Niederschlag wurde von starkem bis stürmischem Nordwestwind begleitet, der den Schnee bearbeitete und verfrachtete. Während ausgesetzte Bereiche abgeblasen wurden, sammelten sich in Geländehohlformen frische Triebschneepakete. Als überdeckte Schwachschichten sind weichere Einlagerungen aus kaum windbeeinflusstem, lockerem Schnee wie auch überdeckter Reif zu sehen. Speziell im Gebiet der Eisenerzer Alpen ist der Oberflächenreif sehr störanfällig, er stellte bei mehreren Schneebrettauslösungen die lawinenrelevante Schwachschicht dar. Speziell Schläge in Waldbereichen waren hier hauptsächlich betroffen, da diese Zonen für die Reifbildung prädestiniert sind. Die Bruchfortpflanzung ist bei dem großflächigeren Vorhandensein der Reifschicht effektiv, was die Verläufe der Anrisskanten auf den folgenden Fotos zeigen. Alle Auslösungen verliefen zum Glück glimpflich.

Die Zusatzbelastung eines einzelnen abfahrenden Tourengehers führte an der Kragelschinken-Nordseite zu einer Schneebrettauslösung. Zum Glück wurde der Skifahrer nicht mitgerissen und blieb dadurch unverletzt (Fotos: Beteiligter).
 
Links ist eine weitere Schneebrettauslösung in den Eisenerzer Alpen zu sehen. Auch hier war aufgrund des flächigen Oberflächenreifs eine ausgeprägte Bruchfortpflanzung gegeben (Foto: Toni Albinger). Am Loser (rechte Bildhälfte) wurde ein kleines Brett künstlich ausgelöst, hier bildete eine weichere Einlagerung die Schwachschicht für die darüberliegenden Triebschneepakete. Eine dünne, im Triebschnee eingelagerte Kruste deutete darauf hin, dass es kurzzeitig bis auf etwa 1500m regnete (Foto: LWD).
 

In tieferen Lagen fiel der Niederschlag ausschließlich in Form von Regen, der – gemeinsam mit der Temperaturerhöhung – die Schneedecke je nach Mächtigkeit und Höhenlage an- bzw. durchfeuchtete. Dabei kam es zu kleineren Rutschungen aus Wald- und Wiesenbereichen. Zum Teil stellt die feucht-nasse Grundschicht hier das Hauptproblem dar, und die gesamte Schneedecke rutscht oftmals als Gleitschneelawine ab, wobei beispielsweise Wiesenböschungen oder laubbedeckte Waldböden ideale Schmierflächen darstellen.

In tieferen Lagen war der Regen das lawinenrelevante Wetterelement. Er durchnässte die Schneedecke, die zum Teil auch auf Grund abging (Fotos: Hermann Kain).

Wie geht es weiter? Der Niederschlag ist Geschichte, derzeit ist das „Weihnachtstauwetter“ wetterbestimmend. Am heutigen Sonntag (24.12.) erwarten uns schon sehr milde Verhältnisse, am morgigen Christtag wird es noch milder, in 2000m erwarten uns Höchsttemperaturen um +8 Grad. Dies wird zur Fortschreitung der Setzung der Schneedecke führen und die Spontanlawinenaktivität aus besonnten Hängen fördern. Der entstandene Triebschnee wird sich in der Folge weiter setzen und besser verbinden. Wobei speziell in der Übergangsphase (beginnende oberflächliche Anfeuchtung der Schneedecke) die Auslösebereitschaft kurzfristig sogar erhöht sein kann, da sich die oberflächige Bindung der Schneetafel verstärkt und die überdeckte Schwachschicht noch nicht abgebaut werden konnte.


Die Auswirkungen des stärksten Föhnereignisses des Jahres

Erstellt am 15. Dezember 2017

Kurzer Rückblick auf das Föhnsturmereignis Anfang der Woche. Die Spitzenwindgeschwindigkeiten waren im Österreichvergleich zwar nicht ganz so hoch wie im Westen (wie bspw. Böen mit 236km/h registriert an der LWD-Station Elferspitze in 2440m Höhe). Trotzdem machte sich der Orkan  auch an den steirischen Messstationen mit Spitzenwerten bis ca. 200km/h bemerkbar! Im Südwesten der Steiermark griff der Sturm kurzzeitig sogar bis in die Tallagen durch, hier wurden Rekordwerte registriert.

Windspitzen(rot), Mittelwind (blau) und Windrichtung sowie Lufttemperatur im Zeitraum des Föhnsturms an den Stationen Hauser Kaibling und Blaseneck. Quelle: LWD

 

Links: Windspitzen(rot), Mittelwind (blau) und Windrichtung an der ZAMG- Station in Deutschlandsberg  sowie Windspitzen (rot), Mittelwind (blau), Windrichtung und  Lufttemperatur im Zeitraum des Föhnsturms  an den Stationen Hochzinödl. Quelle: LWD

Der Föhn ließ auch die Temperaturen kurzzeitig rapide ansteigen. Durch den Regen bis auf ca.1800m und mit der darauffolgenden Abkühlung entstand verbreitet ein durchaus mächtiger Harschdeckel, der in Zukunft hinsichtlich der Bildung potentieller Schwachschichten in Form von aufbauend umgewandelten, kantigen Kristallen darunter bzw. im Übergang zur frischeren Schneeauflage unbedingt beachtet werden muss!

Der eingelagerte Harschdeckel, der durch Regen, Erwärmung und Abkühlung verbreitet entstanden ist, gilt zukünftig als Hauptaugenmerk hinsichtlich Bildung neuer Schwachschichten. Quelle: shorty

Der Regeneintrag und die erwärmungsbedingte Durchfeuchtung der Schneedecke führten vermehrt zu Schneemäulern und Rissen in der Schneedecke, was auf die einsetzende Gleitbewegung der Schneedecke zurückzuführen ist. Dieser Vorgang nimmt mit dem Temperaturrückgang zwar etwas ab, es können aber weiterhin (verzögerter Prozess) Gleitaktivitäten in steilen Hängen auftreten.

Die Gleitschneeaktivitäten (hier ein Beispiel vom Leobner) gehen mit der Abkühlung nur langsam zurück und müssen auch weiterhin noch beachtet werden.  Quelle: shorty

Schneedeckenerkundung Zirbitzkogel-Gebiet, 10.12.2017

Erstellt am 10. Dezember 2017

Der Lawinenwarndienst Steiermark interessierte sich heute vor allem für die Gebiete, wo es in letzter Zeit im Vergleich zur Obersteiermark etwas weniger Neuschnee, dafür aber mehr Wind gab. In Bezug auf stürmische Verhältnisse und daher mächtige Einwehungen neben vollkommen aperen Hangzonen ist das Gebiet der Seetaler Alpe geradezu prädestiniert. So nutzten wir den angesagten starken Föhn und begaben uns Richtung Schlaferkogel, wo es vor kurzem schon einen (allerdings glimpflich verlaufenden) Lawinenunfall gab.

Man muss bei so einem Wetter kein Lawinenprognostiker sein, um die Windzeichen im Schnee richtig zu deuten. Mit dem Südsturm bildeten sich entlang der Gipfel und Grate mächtige Schneefahnen, die eher schon als Wolken wahrgenommen wurden. Dazu Pressschnee, Triebschnee, davonfliegende Gangeln, Risse usw.

Schneefahnen über dem Zirbitzkogel. Foto: A. Podesser

Die Aufnahme eines Schneeprofiles kostet bei derartigen Verhältnissen schon einige Überwindung: Bei -12 Grad und Böen jenseits der 100 km/h fällt das Schauen und Schreiben schon etwas schwer. Einzig das Graben macht Freude, weil man durch die Bewegung warm bleibt.

Ungünstige Wetterbedingungen für die Schneeprofilaufnahme. Foto: A. Podesser

Wir suchten uns einen mäßig steilen, eingewehten Hang am Beginn der zunehmend steileren SE- Flanke des Schlaferkogels aus. Von sicherer Stelle lösten wir bereits beim Abschnallen der Schi ein kleines Schneebrett aus.

Das kleine ausgelöste Schneebrett im Hintergrund war binnen Minuten zugeweht. Foto: LWD

Das Schneeprofil bestätigte gleich die derzeit noch „zackigen“ Verhältnisse in diesem Gebiet, gleich beim Aufgraben entstand ein langer Riss in der Schneedecke. In der eingewehten Mulde dürfte sich innerhalb kurzer Zeit eine ca. 25cm mächtige Triebschneeauflage gebildet haben, die auf einem Harschdeckel bzw. weichem Schnee (Schneefall vom 7. auf 8.12.) zu liegen kam. Auch der markante Temperatursprung gibt Aufschluss über die kalte Triebschneephase. Der erweiterte Kompressionstest (eCT) ergab einen glatten Bruch beim siebenten Schlag aus dem Handgelenk.   

Rissbildung. Foto: LWD

Wie geht’s jetzt weiter mit dem Wetter? Die nächsten beiden Tage sind jedenfalls alles andere als ideal! Der Sturm wird noch an Intensität weiter zulegen, allerdings wird es mit der südwestlichen Höhenströmung deutlich milder, aber auch zyklonaler. Der angesagte Niederschlag fällt daher zunehmend bis in höhere Lagen, wahrscheinlich bis auf über 2.000m hinauf in Form von Regen. Am meisten Niederschlag – etwa 35mm – erwarten wir in den noch randlich vom Südstau beeinflussten Gebieten der Steiermark zwischen Turrach und Seetaler Alpen. In der übrigen Steiermark werden es bis etwa 15mm sein. Das Positive an der Sache: die milden Temperaturen und der Regen können höherliegende Schwachschichten zerstören. Das Negative: Mit der Abkühlung am Mittwoch und Neuschnee kann sich eine Harschkruste bilden, die in weiterer Folge wieder zu einer neuen Schwachschicht werden könnte. Das markanteste Wetterelement ist aber der Sturm, der in den Hochlagen Orkanstärke erreicht. Besonders betroffen: Die Föhntäler an der Tauern-Nordseite, das Randgebirge und eben die Seetaler Alpe.

Prognostizierte Windspitzen in den Hochlagen: Die höchsten Werte werden in der Nacht von Montag auf Dienstag erwartet. Quelle: ZAMG

Fortbildung für Lawinenkommissionen und Lawinenmelder

Erstellt am 6. Dezember 2017

Von 4. bis 7. Dezember 2017 findet in der Ramsau am Dachstein eine Fortbildung für Lawinenkommissionen statt. 40 Mitglieder von Kommissionen aus der Steiermark und Niederösterreich werden von einem Expertenteam (Alpinpolizisten, Lawinenexperten, Bergführern sowie Notfallmedizinern) in Theorie- und Praxiseinheiten weitergebildet. Das umfangreiche Themenfeld beinhaltet unter anderem das systematische Beurteilen der Wetter-, Schnee- und Lawinensituation und des möglichen Schadenspotentials sowie sämtliche Notfallmaßnahmen, von der effizienten Suche bis zur Bergung der Verschütteten. Zusätzlich treffen sich im Rahmen des Kurses die Wetter- und Lawinenmelder des LWD Steiermark zum Erfahrungsaustausch und einer Auffrischung spezifischer Inhalte.

Die Kameradenrettung und Erstversorgung wurde unter realen Bedingungen geübt. (Quelle: Maier)
Die Beurteilung der Lawinensituation war aufgrund der Verhältnisse im Übungsgelände durchwegs fordernd und realitätsnahe. (Quelle: LWD)
Kommissionsmitglieder bei der Beurteilung eines besiedelten Lawineneinzugsgebietes. (Quelle:LWD)
Ein grundlegender Baustein der systematischen Beurteilung: Die Analyse und Interpretation des Schneedeckenaufbaus. (Quelle: Maier)

Schneedeckenerkundung am Fuße des Dachsteins

Erstellt am 5. Dezember 2017

Wegen der angespannten Lawinensituation führte der LWD Steiermark eine Schneedeckenerkundung im Bereich Türlwandhütte/Brandriedel am Fuße des Dachsteins durch. Die Schneeoberfläche ist derzeit von Wind und beachtlichen Neuschneemengen geprägt. Die folgenden zwei Bilder veranschaulichen die Situation ein wenig.

Der Schnee, der hier fehlt, muss doch irgendwo geblieben sein…

Gleich hinter der nächsten Geländekante wurde er als labile Triebschneeansammlung abgelagert – und hat sich auch schon wieder in Form einer Schneebrettlawine talwärts verabschiedet.

Die klassischen Alarmzeichen (sich ausbreitende Risse, Wumm-Geräusche, frische Lawinen) bestätigten die Einschätzung, dass derzeit im alpinen Gelände äußerste Vorsicht geboten ist. Bei großer Zusatzbelastung ist die Auslösung von Lawinen in mit Triebschnee beladenen Steilhängen derzeit wahrscheinlich, bei geringer Zusatzbelastung (einzelner Skitourengeher) möglich. Außerdem können sich Brüche in der Schneedecke über relativ weite Distanzen ausbreiten, was Fernauslösungen möglich macht.  

Im Schneedeckenaufbau finden sich derzeit zwei prominente Zonen mit Schwachschichten: Einerseits innerhalb der frischen Triebschneeauflage (lockerer, in Windpausen gefallener Schnee), andererseits im Übergang zum Altschnee (z.B. eingeschneiter Oberflächenreif). Erstere wird sich wohl mit der kommenden Erwärmung schnell entschärfen, zweitere könnte uns durchaus noch einige Zeit erhalten bleiben.

Schneeprofil (siehe auch LAWIS): Schwachschichten finden sich einerseits in der frischen Triebschneeauflage (oben) und andererseits im Übergang zum Altschnee (unten).

Mit der kommenden Erwärmung ist außerdem kurzfristig vermehrt mit spontanen Lawinenabgängen zu rechnen.


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