Schneedeckenerkundung Zirbitzkogel-Gebiet, 10.12.2017
Erstellt am 10. Dezember 2017
Der Lawinenwarndienst Steiermark interessierte sich heute vor allem für die Gebiete, wo es in letzter Zeit im Vergleich zur Obersteiermark etwas weniger Neuschnee, dafür aber mehr Wind gab. In Bezug auf stürmische Verhältnisse und daher mächtige Einwehungen neben vollkommen aperen Hangzonen ist das Gebiet der Seetaler Alpe geradezu prädestiniert. So nutzten wir den angesagten starken Föhn und begaben uns Richtung Schlaferkogel, wo es vor kurzem schon einen (allerdings glimpflich verlaufenden) Lawinenunfall gab.
Man muss bei so einem Wetter kein Lawinenprognostiker sein, um die Windzeichen im Schnee richtig zu deuten. Mit dem Südsturm bildeten sich entlang der Gipfel und Grate mächtige Schneefahnen, die eher schon als Wolken wahrgenommen wurden. Dazu Pressschnee, Triebschnee, davonfliegende Gangeln, Risse usw.
Die Aufnahme eines Schneeprofiles kostet bei derartigen Verhältnissen schon einige Überwindung: Bei -12 Grad und Böen jenseits der 100 km/h fällt das Schauen und Schreiben schon etwas schwer. Einzig das Graben macht Freude, weil man durch die Bewegung warm bleibt.
Wir suchten uns einen mäßig steilen, eingewehten Hang am Beginn der zunehmend steileren SE- Flanke des Schlaferkogels aus. Von sicherer Stelle lösten wir bereits beim Abschnallen der Schi ein kleines Schneebrett aus.
Das Schneeprofil bestätigte gleich die derzeit noch „zackigen“ Verhältnisse in diesem Gebiet, gleich beim Aufgraben entstand ein langer Riss in der Schneedecke. In der eingewehten Mulde dürfte sich innerhalb kurzer Zeit eine ca. 25cm mächtige Triebschneeauflage gebildet haben, die auf einem Harschdeckel bzw. weichem Schnee (Schneefall vom 7. auf 8.12.) zu liegen kam. Auch der markante Temperatursprung gibt Aufschluss über die kalte Triebschneephase. Der erweiterte Kompressionstest (eCT) ergab einen glatten Bruch beim siebenten Schlag aus dem Handgelenk.
Wie geht’s jetzt weiter mit dem Wetter? Die nächsten beiden Tage sind jedenfalls alles andere als ideal! Der Sturm wird noch an Intensität weiter zulegen, allerdings wird es mit der südwestlichen Höhenströmung deutlich milder, aber auch zyklonaler. Der angesagte Niederschlag fällt daher zunehmend bis in höhere Lagen, wahrscheinlich bis auf über 2.000m hinauf in Form von Regen. Am meisten Niederschlag – etwa 35mm – erwarten wir in den noch randlich vom Südstau beeinflussten Gebieten der Steiermark zwischen Turrach und Seetaler Alpen. In der übrigen Steiermark werden es bis etwa 15mm sein. Das Positive an der Sache: die milden Temperaturen und der Regen können höherliegende Schwachschichten zerstören. Das Negative: Mit der Abkühlung am Mittwoch und Neuschnee kann sich eine Harschkruste bilden, die in weiterer Folge wieder zu einer neuen Schwachschicht werden könnte. Das markanteste Wetterelement ist aber der Sturm, der in den Hochlagen Orkanstärke erreicht. Besonders betroffen: Die Föhntäler an der Tauern-Nordseite, das Randgebirge und eben die Seetaler Alpe.
Fortbildung für Lawinenkommissionen und Lawinenmelder
Erstellt am 6. Dezember 2017
Von 4. bis 7. Dezember 2017 findet in der Ramsau am Dachstein eine Fortbildung für Lawinenkommissionen statt. 40 Mitglieder von Kommissionen aus der Steiermark und Niederösterreich werden von einem Expertenteam (Alpinpolizisten, Lawinenexperten, Bergführern sowie Notfallmedizinern) in Theorie- und Praxiseinheiten weitergebildet. Das umfangreiche Themenfeld beinhaltet unter anderem das systematische Beurteilen der Wetter-, Schnee- und Lawinensituation und des möglichen Schadenspotentials sowie sämtliche Notfallmaßnahmen, von der effizienten Suche bis zur Bergung der Verschütteten. Zusätzlich treffen sich im Rahmen des Kurses die Wetter- und Lawinenmelder des LWD Steiermark zum Erfahrungsaustausch und einer Auffrischung spezifischer Inhalte.
Schneedeckenerkundung am Fuße des Dachsteins
Erstellt am 5. Dezember 2017
Wegen der angespannten Lawinensituation führte der LWD Steiermark eine Schneedeckenerkundung im Bereich Türlwandhütte/Brandriedel am Fuße des Dachsteins durch. Die Schneeoberfläche ist derzeit von Wind und beachtlichen Neuschneemengen geprägt. Die folgenden zwei Bilder veranschaulichen die Situation ein wenig.
Neuschnee auf Oberflächenreif sorgen in den nächsten für erhöhte Lawinengefahr
Erstellt am 4. Dezember 2017
Die sehr kalte (am Dachstein bis zu -20° C) Schönwetterphase der letzten Tage hat auf der Schneedecke ihre Spuren in Form von Oberflächenreif hinterlassen. Gestern, Sonntag, kam dazu unterhalb von etwa 1900m noch eine dünne Schicht aus sehr lockerem Neuschnee.
Das folgende Foto zeigt die Situation am Sonntag sehr gut: Während in den Hochlagen der Oberflächenreif bei wolkenlosem Himmel und eisigen Temperaturen weiterwachsen konnte, vermischt er sich unter der Wolkendecke mit sehr lockerem Neuschnee. Beides - Oberflächenreif und lockerer Neuschnee - sind innerhalb der Schneedecke typische und leicht störbare Schwachschichten.
Sonnenuntergangsstimmung, aufgenommen am Dachstein. Foto: Martin Edlinger
Mit den heute, Montag, einsetzenden kräftigen Schneefällen bei Nord- bis Nordwestwestwind wird diese Schwachschicht derzeit durch Neu- und Triebschnee überdeckt. Mit anderen Worten: Die Zutaten für leicht auslösbare Schneebrettlawinen sind angerichtet. Erschwerend kommt hinzu, dass auch innerhalb der Altschneeunterlage Schwachschichten aus Oberflächenreif vorhanden sind.
In den nächsten Tagen ist im steilen Gelände und insbesondere in Bereichen mit frischem Triebschnee also besondere Vorsicht geboten!
Aktuelle Verhältnisse, Schneedeckenupdate sowie wetter- und lawinenrelvanter Ausblick für das Wochenende
Erstellt am 24. November 2017
Am Donnerstag (23.11.) verschaffte sich der Lawinenwarndienst mit Unterstützung des BMI einen umfangreichen Überblick über die derzeit herrschenden Verhältnisse. Zusätzlich wurde die Funktionalität der Lawinenstationen Grimming/Multereck, Ebenstein und Veitsch wieder vollständig hergestellt.
Nach drei nennenswerten Neuschneeereignissen und durchwegs negativer Lufttemperaturen im November ist die Gesamtschneehöhe auf den Bergen für die Jahreszeit durchschnittlich, stellenweise sogar überdurchschnittlich.
Nach dem letzten massiven Schneefallereignis (19.11. – 20.11.) stiegen die Lufttemperaturen nach einer längeren kalten Phase wieder deutlich an und die Sonne kam vermehrt zum Vorschein. Aufgrund der schlechten Verbindung zwischen der unter Windeinfluss entstandenen Triebschneeauflage und der Altschneedecke führten die Erwärmung und die damit verbundene Setzung südseitig vereinzelt zu spontanen Schneebrettauslösungen.
Wie schaut der aktuelle Schneedeckenaufbau aus?
Das markanteste Problem besteht zurzeit in der Altschneedecke. Hier konnte sich zwischen eingelagerten Krusten (die Ende Oktober, Anfang November entstanden sind) Schichten mit kantigen Kristallen (aufbauende Umwandlung) ausbilden. Die Störanfälligkeit der Schneedecke hängt aktuell stark von Exposition und Höhe ab. Dort, wo über diesen Krusten bzw. Schwachschichten eine größere Menge an mittlerweile ausreichend gesetztem Schnee liegt, kann die Schwachschicht nur schwer angesprochen werden. Anders schaut es da in schneeärmeren, schattseitigen Bereichen aus. Hier liegt die meist stärker ausgeprägte Schwachschicht viel näher an der Oberfläche und kann somit rasch, also durch geringe Zusatzbelastung ausgelöst werden. Dies zeigen auch einige Schneedeckentests. Somit gilt besondere Vorsicht bei Abfahrten durch steile, schattseitige Rinnen!
Wie geht’s mit dem Wetter weiter?
Die westliche Höhenströmung steilt sich am Samstag weiter auf, aus Südwesten gelangen noch einmal sehr milde Luftmassen zu uns. Der Föhn wird besonders von der Seetaler Alpe über das Randgebirge bis zum Hochschwab auch stürmisch. Mit Erreichen einer Kaltfront in der Nacht auf Sonntag geht die milde Spätherbstphase zu Ende, Niederschläge breiten sich von Süden her auf das ganze Land aus. Die Schneefallgrenze sinkt im Süden auf etwa 600m, im Norden bis in die Täler. Im Gebirge gehen die Temperaturen in 2.000m auf -11°C und in 1.500m auf -7°C zurück. Auch am Montag gibt es nur noch in den Nordstaugebieten weiteren unergiebigen Schneefall, begleitet von teils stürmischem Wind. Bei schwachem Zwischenhocheinfluss klingen am Dienstag die Niederschläge dann zur Gänze ab und es wird vorübergehend etwas milder. Für Mittwoch zeichnet sich im Süden ein Wintereinbruch ab, die genaue Entwicklung ist aber noch ungewiss.
Hinsichtlich Lawinengefahr gilt am Wochenende primär das bestehende Altschneeproblem (schattige, steile Rinnen, Übergänge von schneearm zu schneereich) zu beachten. Stellenweise können sich mit Wind und Neuschnee speziell kammnahe frische Triebschneelinsen bilden, die jedoch recht gut zu erkennen und zu umgehen sein sollten.