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Schneedeckenuntersuchung Bösenstein am 28.3.

Erstellt am 29. März 2016

Nach der neuschneereichen Karwoche nähern wir uns nun endgültig jener Periode, in der Nassschnee die bestimmende Lawinensituation wird. Diese Übergangsperiode, in der die trockene, kalte Schneedecke in eine feuchte, isotherme Schneedecke mit durchgehend Null Grad umgewandelt wird, ist aus Sicht der Lawinengefahr sehr kritisch. Sobald die Schneedecke isotherm ist, friert sie nur mehr oberflächlich in klaren Nächten und es herrscht nach wenigen Tagen die typische Frühjahrssituation („Firn“). Die Frühjahrssituation ist relativ einfach einzuschätzen, da in der Schneedecke keine Schwachschichten mehr vorhanden sind und ausschließlich der leicht erkennbare oberflächliche Festigkeitsverlust im Laufe des Tages beachtet werden muss (Touren sind rechtzeitig zu beenden). Im Moment befinden wir uns in höheren Lagen aber am Beginn der kritischen Übergangsperiode, in der  die Schneedecke zum ersten Mal durchfeuchtet wird. Zu dieser Zeit sind einerseits spontane Lockerschneelawinen zu beachten, andererseits werden durch das eindringende Wasser oft auch tiefer liegende Schwachschichten in der Schneedecke „reaktiviert“, was dann zu großen Schneebrettlawinen führen kann. Diese nassen Schneebrettlawinen können sowohl spontan, als auch durch Tourengeher ausgelöst werden und lassen etwaigen Verschütteten wegen der hohen Dichte des Nassschnees nur sehr geringe Überlebenschancen.  Ein weiteres Problem in dieser Übergangszeit sind Wechten, die durch die Erwärmung instabil werden, abbrechen und durch ihr Gewicht im darunterliegenden Hang Schneebrettlawinen auslösen können. Die Schneedeckenuntersuchungen am Bösenstein am 28.3. dienten der Beurteilung dieser Faktoren:

Bereits am Ostersonntag hat sich die oberflächliche Schneeschicht (Neuschnee der Vorwoche) in allen Expositionen bis hinauf auf 2400 m in Form von Lockerschneelawinen gelöst. Südseitig wurden auf 2300 m dadurch einige kleinere Schneebretter ausgelöst.

 

Lockerschneelawinen aus allen Himmelsrichtungen und reger Skitourenverkehr.

 

Schneebrett- und Lockerschneelawinen südseitig auf knapp 2300 m.

 

Am Ostermontag hielten sich die weitere Durchfeuchtung der Schneedecke und damit die Lawinenaktivität oberhalb von 2000 m wegen Wind und Bewölkung sehr in Grenzen.  Nur im südseitigen Gelände und in tieferen Lagen wurde die Schneedecke feucht, bzw. nass. Zwei Schneeprofile in den Expositionen Nordost und Ost auf 2350 bzw. 2050 m Seehöhe zeigten eine kalte, trockene Schneedecke. Etwa der oberste halbe Meter ist kompakt und hart, darunter finden sich aber teilweise sehr instabile Schwachschichten aus großen kantigen Kristallen und Schwimmschnee – ein klassisches Altschneeproblem.

 

Schneeprofil auf 2050m, Exposition Ost.

 

Sehr kompaktes „Schneebrett“ von gut 40 cm, darunter eine äußerst instabile Schwachschicht (ECTP4).

 

Wegen der kompakten Schneetafel über den Schwachschichten sind diese derzeit nur schwer, bzw. nur durch sehr große Zusatzbelastung auszulösen. Vorsicht ist im Moment nur im extremen Steilgelände und beim Übergang von wenig zu viel Schnee geboten. Bei fortschreitender Durchfeuchtung kann sich die Situation aber schnell ändern. Wird die Schneetafel weicher und schwächt eindringendes Wasser die Schwachschicht noch mehr, dann reicht zu richtigem Zeitpunkt bereits die geringe Zusatzbelastung eines Tourengehers aus um ein sehr gefährliches nasses Schneebrett auszulösen (ein entsprechendes Beispiel aus dem Vorjahr kann hier nachgelesen werden). Auch spontane Auslösungen sind in einer derartigen Situation häufig.

Ein weiteres Problem können Wechten darstellen, die durch Erwärmung an Festigkeit verlieren und durch ihr Eigengewicht im darunter liegenden Hang oft große Schneebrettlawinen auslösen können. Da der genaue Zeitpunkt eines Wechtenbruchs nicht vorhersehbar ist, ist es derzeit wohl am besten überwechtete Hänge so weit wie möglich zu meiden.

 

Teils mächtige Wechten am Grat zwischen Großem und Kleinem Bösentstein.

 

Es ist also trotz der frühlingshaften Bedingungen für Skitourengeher weiterhin Vorsicht geboten. Gerade jetzt ist es besonders wichtig nicht zu spät unterwegs zu sein und steile Hänge konsequent zu meiden, wenn der Schnee weich und nass wird.


Schneedeckenerkundung Seetaler Alpen am 19.03.2016

Erstellt am 20. März 2016

Nach einem schneemäßig unterdurchschnittlichen Winter gab es in den Seetaler Alpen zu Märzbeginn reichlich Neuschnee. Die Schneehöhen bewegen sich bspw. im Zirbitzkogelgebiet derzeit um einen Meter und die Anstiege von den bekannten Ausgangspunkten (Winterleitenhütte, Sabathyhütte, Waldheimhütte) weisen alle noch eine geschlossene Schneedecke mit teils pistenartigen Verhältnissen auf.

Blick nach Westen Richtung Fuchskogel

Schwachschichten in der Schneedecke finden sich am ehesten noch im kammnahen Steilgelände der Expositionen Nord bis Ost. Hier liegt Triebschnee, der sich mit Südwind um den 16.3.2016 gebildet hat auf einer weichen Schneeschicht. Mit dem darauffolgenden, stürmischen Nordwestwind wurde der Schnee zu mehr oder weniger hartem „Presspulver“ verdichtet.

Schneeprofil an einem ostexponierten Hang in ca. 2.300m: beim  erweiterten CO- Test brechen die oberen 20 Zentimeter beim elften Schlag auf die Schaufel glatt über einer weichen Schneeeinlage - siehe Schneeprofil.  

Die Sonnseiten wurden hingegen vorübergehend sulzig, allerdings haben Wolken und vor allem kalter Wind die Umwandlung zu tragfähigem Firn vorerst verhindert. Daran wird sich durch das eher niedrige Temperaturniveau und mehr Wolken auch in den nächsten Tagen wenig ändern.

Die höchstgelegene Schutzhütte in der Steiermark, das Helmut-Erd- Schutzhaus auf 2.376m nahe des Zirbitzkogel- Gipfels

Triebschnee sorgte für zahlreiche Schneebrettlawinen

Erstellt am 6. März 2016

Starker Wind und der Neuschnee der letzten Tage führten von Dienstag bis Samstag zu einem intensiven Lawinenzyklus. Viel Glück war im Spiel, dass dabei niemand ernsthaft verletzt wurde.

Die meteorologischen Daten der Messstation am Großen Schober veranschaulichen die Situation:

Verlauf der Windgeschwindigkeit und -richtung (oben), Temperatur (Mitte), und Schneehöhe (unten) am großen Schober in den Niederen Tauern (Quelle: LWD Steiermark, ÖBB).

 

Am Montag, dem 29.2., gab es die ersten Schneefälle (ca. 10 cm), die in der Nacht auf Dienstag durch stürmischen Nordwestwind in den Südostsektor verfrachtet wurden. Trotz geringer Neuschneesumme kam es kurzzeitig zu einer kritischen Triebschneesituation, die etwa am Sauofen in den Schladminger Tauern zu einer Schneebrettlawine mit 2 Teilverschütteten führte.

Am Mittwoch, dem 2.3., konnte sich die Schneedecke durch eine kurzzeitige Erwärmung relativ gut setzen, bevor in der Nacht zu Donnerstag wieder Schneefälle und starker Nordwestwind einsetzten. In Folge kam es am Stuhleck im östlichen Steirischen Randgebirge (3.3., Schneebrett im Steinkorb) und am Mölbegg in den Rottenmanner Tauern (4.3., Wechtenbruch) zu Lawinen an südöstlich exponierten Hängen, bei denen glücklicherweise niemand verschüttet wurde.

Schneebrett mir Anriss knapp unter dem Gipfelbereich des Stuhleck im Steinkorb (Quelle: AEG Hochsteiermark).

 

Der kritischste Teil dieses Lawinenzyklus begann am Nachmittag des 4.4. (Freitag), als die Strömung auf Südwest drehte ein Föhnsturm  mit Windgeschwindigkeiten über 100 km/h (z.B. 120 km/h auf der Hohen Ranach) den frischen Schnee in nördliche und östliche Expositionen transportierte, was zu äußerst auslösefreudigen Triebschneeansammlungen  bis hinab in bewaldete Bereiche führte.  Am Samstag dauerte der Föhnsturm weiter an und es kam zu zahlreichen Schneebrettlawinen in nördlichen und östlichen Expositionen, etwa auf der Hohen Ranach in den Seetaler Alpen, am Triebenkogel in den Rottenmanner Tauern, sowie am Lämmertörlkopf und Steineck, beide in den Wölzer Tauern.  Eine Schneedeckenuntersuchung unmittelbar am Anrissbereich eines Schneebretts am Triebenkogel zeigte, dass die Schneedecke in einem Hangbereich mit etwa 40 Grad Neigung innerhalb der frischen Schneeauflage in einer lockeren Schicht, die in einer Windpause entstanden ist, gebrochen ist. Diese Schwachschicht wurde durch eine festere, gebundene Triebschneeschicht überdeckt, womit alle Zutaten für eine Schneebrettlawine gegeben waren. Eine geringe Zusatzbelastung reichte aus, um an diesem Hang eine Schneebrettlawine auszulösen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war eine sehr ähnliche Schwachschicht auch Ursache der weiteren Lawinen dieses Tages.

Der Föhnsturm am Samstag wirkte nicht nur an den sonst üblichen exponierten hohen Lagen, sondern, wie hier am Triebenkogel, bis in bewaldete Bereiche hinein (Quelle: LWD Steiermark).

 

Anriss und Ablagerung eines kleinen Schneebretts am Triebenkogel (Quelle: LWD Steiermark).

 

Seinen „zweiten Geburtstag“ durfte am Samstag ein Tourengeher am Lämmertörlkopf feiern. Er wurde von einer selbst ausgelösten Lawine total verschüttet, konnte aber durch die sehr professionelle Hilfe seiner gut ausgerüsteten Kameraden und eines zufällig vorbeikommenden Bergrettungsmitgliedes schnell und unverletzt geborgen werden.

Schneebrettlawine am Lämmertörlkopf (Quelle: Kerschbaumer).


Erkundungsflug und Stationswartung

Erstellt am 28. Februar 2016

Am Samstag dem 27.2. führte eine Stationswartung den LWD auf den Grimming. Dort wurde die Wetterstation von Eis befreit und der Temperaturfühler getauscht.

Grimming im Vordergrund mit Blick nach Westen ins Ennstal. Quelle: LWD

Danach wurde der Erkundungsflug über Johnsbach und das Gesäuse bis zur Hohen Veitsch fortgesetzt. Während des Fluges wurden einige Lockerschneelawinen gesichtet, bei denen der geringe Neuschnee der letzten Woche spontant abrutschte.

Aus extrem steilem Gelände wurden einige Lockerschneerutsch gesichtet, hier am Zeiritzkampel. Quelle: LWD

Im Allgemeinen ist die Schneesituation unterdurchschnittlich und in den tieferen Lagen sowie den Südseiten ist der Schnee häufig schon wieder ausgeapert.

Tamischbachturm mit unterdurchschnittlichen Schneemengen für diese Jahreszeit. Quelle: LWD

Schneedeckenuntersuchung Seetaler Alpen

Erstellt am 25. Februar 2016

Im Rahmen einer Einsatzübung der Alpinen Einsatzgruppe Murtal/Murau wurde vom Lawinenwarndienst Steiermark und der Alpinpolizei eine Geländeerkundung und Schneedeckenuntersuchung an der Westseite des Zirbitzkogel durchgeführt.

 

Die Profis der alpinen Einsatzgruppe in Aktion bei einer sehr anspruchsvollen Lawinenübung. Übungsannahme: 8 Verschüttete, 9 Einsatzkräfte.

 

Die Schneeverhältnisse in den Seetaler Alpen sind derzeit bescheiden: Die Hänge und Rücken sind großteils völlig abgeblasen, aber in östlich und südlich exponierten Hängen und in Rinnen und Mulden finden sich kleinräumige, aber teils beachtlich mächtige Triebschneeansammlungen.

 

Die Schneeverhältnisse an der Westseite des Zirbitzkogels (Blick Richtung SW): Großteils abgeweht, nur in Rinnen und Mulden kleinräumige Triebschneeansammlungen.

Die an einem nordwestlich exponiertem Hang durchgeführte Schneedeckenuntersuchung (siehe Schneeprofil in der Abbildung unten) zeigte eine großteils kompakte Schneedecke, bestehend aus sehr kleinen, runden Kristallen (Endstadium der abbauenden Schneeumwandlung), einigen Schmelzharschkrusten und Eislamellen und einer sehr weichen Schicht aus großen, kantigen Kristallen in Bodennähe (beginnende Schwimmschneebildung). Der erweiterte Kompressionstest ergab einen Bruch dieser Schicht bei mäßiger Belastung (ECTP14).

Wegen der sehr festen Schneetafel wäre an der Stelle des Schneeprofils keine Lawinenauslösung möglich gewesen. Vorsicht ist allerdings an den Übergängen von Bereichen mit wenig Schnee zu viel Schnee geboten. Dort findet sich einerseits eine stärker ausgeprägte Schwimmschneeschicht, die als leicht störbare Schwachschicht zur Verfügung steht und andererseits eine dünnere darauf liegende Schneetafel, welche die Initiierung eines Bruchs durch Belastung von oben zulässt. Ein derartiger Initialbruch breitet sich meist in Bereiche mit größerer Schneemächtigkeit aus und führt dann unweigerlich zu einer Schneebrettlawine. Es besteht also durchaus ein latentes Altschneeproblem.

 

Schneedeckenaufbau NW-seitig: Beginnende Schwimmschneebildung in Bodennähe, sehr kompakte Schneetafel darüber, einige Eislamellen und Schmelzharschkrusten.


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