Lawinenunfall Stierkarkopf

Erstellt am 30. April 2015

Am Sonntag, den 26. April ereignete sich nahe der Hochwildstelle am Stierkarkopf ein Lawinenunfall, bei dem ein Tourengeher verschüttet wurde und ums Leben kam.  Der Verunglückte konnte erst Montag Nachmittag geborgen werden (für nähere Informationen zum Rettungseinsatz siehe Homepage der Bergrettung Gröbming).

Eine Schneedeckenuntersuchung und Erkundung des Anrissbereichs der Lawine war aufgrund der Wetterbedingungen erst am Mittwoch, den 29. April möglich und wurde von Lawinenwarndienst Steiermark gemeinsam mit der Alpinpolizei Schladming durchgeführt.

Bild 1: Die Alpinpolizei Schladming und der LWD Steiermark wurden vom Team der Flugeisatzstelle Graz so nahe wie möglich an den Anriss der Lawine gebracht. 

Ein Schneeprofil (siehe LAWIS, siehe Bild 2) in unmittelbarer Nähe des vermutlichen Einfahrtsbereiches zeigte zu Mittag trotz des kalten Vortages eine durchgehend feuchte und isotherme Schneedecke. Die Schneekristalle waren durchgehend Schmelzformen. Die Schneehöhe betrug am Profilstandort 85 cm. In 25 cm Tiefe fand sich eine angefeuchtete Harschschicht, darunter eine sehr weiche Schicht ohne Zusammenhalt. In 60 cm Tiefe fand sich eine weitere relativ aufgeweichte Harschschicht, darunter bis zum Boden wieder eine sehr weiche Schicht mit großen  Kristallen. Beim Kompressionstest brach die Schneedecke relativ leicht unter der oberen Harschicht und glitt ab (CT12@57).

Bild 2: Schneedeckenaufbau mit aufgeweichter Harschschicht.

Die Lawine wurde offenbar zu Mittag unmittelbar unter dem Nordostgrat in der Südostflanke des Stierkarkopfs in etwa 2250 h Seehöhe von dem Verunglückten bei der Abfahrt ausgelöst. Die Schneedecke war zu diesem Zeitpunkt mit großer Wahrscheinlichkeit durchgehend feucht. Vermutlich verlor die obere Harschschicht durch die Erwärmung und Durchfeuchtung an Festigkeit und konnte dadurch unter geringer Zusatzbelastung durchbrochen werden. Die darunterliegende Schicht wies keinerlei Festigkeit auf und diente als Schwachschicht. Es handelt sich um ein nasses Schneebrett, die ursprüngliche Anrisshöhe betrug nur etwa 30 cm. In weiterer Folge (ca. 100m unter dem beschriebenen Anriss) riss das dünne Schneebrett die Schneedecke bis in bodennahe Schichten mit (siehe Bild 3), was zur Entladung der gesamten Südostflanke des Stierkarkopfs führte. Die Anrissbreite beträgt etwa 200 m, die Laufbahn der Lawine etwa 1500 m.

Bild 3: Anrissbereich. In blau das seichte durch den Skifahrer ausgelöste Schneebrett, in Rot die sekundär mitgerissenen tieferen Bereiche.

Meteorologische Rahmenbedingungen: Eine längere niederschlagsfreie und meist kalte Periode vor dem 17. März ermöglichte vermutlich den Aufbau kantiger Kristalle in der oberen Schicht der Schneedecke ( = spätere weiche Schwachschicht). Der Harschdeckel drüber ist durch eine warme Phase zwischen 22. und 25. März und darauffolgende Abkühlung entstanden. Im Zuge des Schneefallereignisses um Ostern (26.3. bis 7.4.) lagerte sich insgesamt etwa 1 m Neuschnee auf dem Harschdeckel ab, der gemeinsam mit der darunterliegenden Harschschicht später das Schneebrett bildete. Während der darauffolgenden Erwärmung war die Harschschicht bis zum Unfall fest genug um den Abgang eines Schneebretts zu verhindern. Durch die sehr warmen Bedingungen am Tag vor dem Unfall und fehlende Ausstrahlung in der Nacht verlor die Harschschicht vermutlich soweit an Festigkeit, dass die Auslösung des Schneebretts möglich wurde.