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Erkundungsflug in den Niederen Tauern

Erstellt am 3. April 2016

Am Sonntag, dem 03. April unternahm der Lawinenwarndienst Steiermark einen Erkundungsflug, um das Ausmaß der derzeitigen Nassschneelawinenaktivität zu beurteilen. Die überaus milden Temperaturen und die mittlerweile schon sehr starke Sonneneinstrahlung haben die Schneedecke destabilisiert und somit zu einigen spontanen Auslösungen geführt. Aufgrund der derzeit sehr milden Nächte hielt sich der Festigkeitsgewinn (abgesehen von den Hochlagen) in Grenzen und es setzt bereits ein rascher tageszeitlicher Anstieg der Lawinengefahr ein.

Der Flug führte via Seetaler Alpen quer über die Niederen Tauern, wo auch einige kleinere bis mittelgroße Spontanauslösungen beobachtet werden konnten. Im Bereich der Hochwildstelle wurde an einem Schatthang ein Schneeprofil aufgenommen. Die Schneedecke konnte sich in dieser Höhe (ca. 2300m) während der Nachtstunden zum Teil verfestigen. Der Durchfeuchtungsprozess ist hier aufgrund von noch immer vorhandenen Kältereserven erst am Beginn und die Schneedecke – abgesehen vom oberflächennahen Bereich – nordseitig noch trocken.

Wie geht es weiter? Vorerst prägt der Nassschnee das Lawinengeschehen, womit auch in den kommenden Tagen mit einer im Tagesverlauf rasch ansteigenden Spontanlawinenaktivität zu rechnen ist. Diese milde Wetterphase bleibt uns bis Mitte der kommenden Woche erhalten, ehe die Temperaturen zurückgehen und der Winter auf den Bergen noch ein Lebenszeichen geben wird... Aber das ist der "Schnee von morgen..."

 

Witterungsbedingt schon stark dezimierte Schneedecke im Bereich Zirbitzkogel/Scharfes Eck.

 

Etwas größere Auslösungen waren selten.

 

Spontanes Schneebrett mit kammnahem Anriss im felsdurchsetzten Steilgelände.

 

Ältere Lawinen im Planneralmgebiet.

 

Wechten werden durch die derzeit milde Witterung instabil.

 

 


Bergrettungsübung auf der Tauplitzalm

Erstellt am 3. April 2016

Am ersten Aprilwochenende fand auf der Tauplitzalm eine zweitägige Bergrettungsübung statt, an der knapp 50 Bergrettungsmitglieder teilnahmen. Der Lawinenwarndienst Steiermark wurde bereits im Vorfeld eingeladen, am ersten Tag an dieser Übung teilzunehmen und die Durchführung einer Schneedeckenerkundung den Kursteilnehmern vorzustellen bzw. deren Wissen darüber zu erweitern. Dabei wurde in rotierenden Kleingruppen neben Auffrischungen rund um den Themenkreis "Schnee und Lawinen" natürlich auch tatsächlich "die Nase in den Schnee gesteckt". So konnte sowohl die Erstellung eins Schneeprofils als auch die Durchführung der unterschiedlichen Stabilitätstest-Varianten vorgezeigt werden.

Wir möchten uns seitens des Lawinenwarndienstes ganz herzlich für die Einladung und den tollen gemeinsamen Geländetag bedanken!

 

Eine von insgesamt sechs Gruppen nach der Profilerhebung.

Schneedeckenuntersuchung Bösenstein am 28.3.

Erstellt am 29. März 2016

Nach der neuschneereichen Karwoche nähern wir uns nun endgültig jener Periode, in der Nassschnee die bestimmende Lawinensituation wird. Diese Übergangsperiode, in der die trockene, kalte Schneedecke in eine feuchte, isotherme Schneedecke mit durchgehend Null Grad umgewandelt wird, ist aus Sicht der Lawinengefahr sehr kritisch. Sobald die Schneedecke isotherm ist, friert sie nur mehr oberflächlich in klaren Nächten und es herrscht nach wenigen Tagen die typische Frühjahrssituation („Firn“). Die Frühjahrssituation ist relativ einfach einzuschätzen, da in der Schneedecke keine Schwachschichten mehr vorhanden sind und ausschließlich der leicht erkennbare oberflächliche Festigkeitsverlust im Laufe des Tages beachtet werden muss (Touren sind rechtzeitig zu beenden). Im Moment befinden wir uns in höheren Lagen aber am Beginn der kritischen Übergangsperiode, in der  die Schneedecke zum ersten Mal durchfeuchtet wird. Zu dieser Zeit sind einerseits spontane Lockerschneelawinen zu beachten, andererseits werden durch das eindringende Wasser oft auch tiefer liegende Schwachschichten in der Schneedecke „reaktiviert“, was dann zu großen Schneebrettlawinen führen kann. Diese nassen Schneebrettlawinen können sowohl spontan, als auch durch Tourengeher ausgelöst werden und lassen etwaigen Verschütteten wegen der hohen Dichte des Nassschnees nur sehr geringe Überlebenschancen.  Ein weiteres Problem in dieser Übergangszeit sind Wechten, die durch die Erwärmung instabil werden, abbrechen und durch ihr Gewicht im darunterliegenden Hang Schneebrettlawinen auslösen können. Die Schneedeckenuntersuchungen am Bösenstein am 28.3. dienten der Beurteilung dieser Faktoren:

Bereits am Ostersonntag hat sich die oberflächliche Schneeschicht (Neuschnee der Vorwoche) in allen Expositionen bis hinauf auf 2400 m in Form von Lockerschneelawinen gelöst. Südseitig wurden auf 2300 m dadurch einige kleinere Schneebretter ausgelöst.

 

Lockerschneelawinen aus allen Himmelsrichtungen und reger Skitourenverkehr.

 

Schneebrett- und Lockerschneelawinen südseitig auf knapp 2300 m.

 

Am Ostermontag hielten sich die weitere Durchfeuchtung der Schneedecke und damit die Lawinenaktivität oberhalb von 2000 m wegen Wind und Bewölkung sehr in Grenzen.  Nur im südseitigen Gelände und in tieferen Lagen wurde die Schneedecke feucht, bzw. nass. Zwei Schneeprofile in den Expositionen Nordost und Ost auf 2350 bzw. 2050 m Seehöhe zeigten eine kalte, trockene Schneedecke. Etwa der oberste halbe Meter ist kompakt und hart, darunter finden sich aber teilweise sehr instabile Schwachschichten aus großen kantigen Kristallen und Schwimmschnee – ein klassisches Altschneeproblem.

 

Schneeprofil auf 2050m, Exposition Ost.

 

Sehr kompaktes „Schneebrett“ von gut 40 cm, darunter eine äußerst instabile Schwachschicht (ECTP4).

 

Wegen der kompakten Schneetafel über den Schwachschichten sind diese derzeit nur schwer, bzw. nur durch sehr große Zusatzbelastung auszulösen. Vorsicht ist im Moment nur im extremen Steilgelände und beim Übergang von wenig zu viel Schnee geboten. Bei fortschreitender Durchfeuchtung kann sich die Situation aber schnell ändern. Wird die Schneetafel weicher und schwächt eindringendes Wasser die Schwachschicht noch mehr, dann reicht zu richtigem Zeitpunkt bereits die geringe Zusatzbelastung eines Tourengehers aus um ein sehr gefährliches nasses Schneebrett auszulösen (ein entsprechendes Beispiel aus dem Vorjahr kann hier nachgelesen werden). Auch spontane Auslösungen sind in einer derartigen Situation häufig.

Ein weiteres Problem können Wechten darstellen, die durch Erwärmung an Festigkeit verlieren und durch ihr Eigengewicht im darunter liegenden Hang oft große Schneebrettlawinen auslösen können. Da der genaue Zeitpunkt eines Wechtenbruchs nicht vorhersehbar ist, ist es derzeit wohl am besten überwechtete Hänge so weit wie möglich zu meiden.

 

Teils mächtige Wechten am Grat zwischen Großem und Kleinem Bösentstein.

 

Es ist also trotz der frühlingshaften Bedingungen für Skitourengeher weiterhin Vorsicht geboten. Gerade jetzt ist es besonders wichtig nicht zu spät unterwegs zu sein und steile Hänge konsequent zu meiden, wenn der Schnee weich und nass wird.


Schneedeckenerkundung Seetaler Alpen am 19.03.2016

Erstellt am 20. März 2016

Nach einem schneemäßig unterdurchschnittlichen Winter gab es in den Seetaler Alpen zu Märzbeginn reichlich Neuschnee. Die Schneehöhen bewegen sich bspw. im Zirbitzkogelgebiet derzeit um einen Meter und die Anstiege von den bekannten Ausgangspunkten (Winterleitenhütte, Sabathyhütte, Waldheimhütte) weisen alle noch eine geschlossene Schneedecke mit teils pistenartigen Verhältnissen auf.

Blick nach Westen Richtung Fuchskogel

Schwachschichten in der Schneedecke finden sich am ehesten noch im kammnahen Steilgelände der Expositionen Nord bis Ost. Hier liegt Triebschnee, der sich mit Südwind um den 16.3.2016 gebildet hat auf einer weichen Schneeschicht. Mit dem darauffolgenden, stürmischen Nordwestwind wurde der Schnee zu mehr oder weniger hartem „Presspulver“ verdichtet.

Schneeprofil an einem ostexponierten Hang in ca. 2.300m: beim  erweiterten CO- Test brechen die oberen 20 Zentimeter beim elften Schlag auf die Schaufel glatt über einer weichen Schneeeinlage - siehe Schneeprofil.  

Die Sonnseiten wurden hingegen vorübergehend sulzig, allerdings haben Wolken und vor allem kalter Wind die Umwandlung zu tragfähigem Firn vorerst verhindert. Daran wird sich durch das eher niedrige Temperaturniveau und mehr Wolken auch in den nächsten Tagen wenig ändern.

Die höchstgelegene Schutzhütte in der Steiermark, das Helmut-Erd- Schutzhaus auf 2.376m nahe des Zirbitzkogel- Gipfels

Triebschnee sorgte für zahlreiche Schneebrettlawinen

Erstellt am 6. März 2016

Starker Wind und der Neuschnee der letzten Tage führten von Dienstag bis Samstag zu einem intensiven Lawinenzyklus. Viel Glück war im Spiel, dass dabei niemand ernsthaft verletzt wurde.

Die meteorologischen Daten der Messstation am Großen Schober veranschaulichen die Situation:

Verlauf der Windgeschwindigkeit und -richtung (oben), Temperatur (Mitte), und Schneehöhe (unten) am großen Schober in den Niederen Tauern (Quelle: LWD Steiermark, ÖBB).

 

Am Montag, dem 29.2., gab es die ersten Schneefälle (ca. 10 cm), die in der Nacht auf Dienstag durch stürmischen Nordwestwind in den Südostsektor verfrachtet wurden. Trotz geringer Neuschneesumme kam es kurzzeitig zu einer kritischen Triebschneesituation, die etwa am Sauofen in den Schladminger Tauern zu einer Schneebrettlawine mit 2 Teilverschütteten führte.

Am Mittwoch, dem 2.3., konnte sich die Schneedecke durch eine kurzzeitige Erwärmung relativ gut setzen, bevor in der Nacht zu Donnerstag wieder Schneefälle und starker Nordwestwind einsetzten. In Folge kam es am Stuhleck im östlichen Steirischen Randgebirge (3.3., Schneebrett im Steinkorb) und am Mölbegg in den Rottenmanner Tauern (4.3., Wechtenbruch) zu Lawinen an südöstlich exponierten Hängen, bei denen glücklicherweise niemand verschüttet wurde.

Schneebrett mir Anriss knapp unter dem Gipfelbereich des Stuhleck im Steinkorb (Quelle: AEG Hochsteiermark).

 

Der kritischste Teil dieses Lawinenzyklus begann am Nachmittag des 4.4. (Freitag), als die Strömung auf Südwest drehte ein Föhnsturm  mit Windgeschwindigkeiten über 100 km/h (z.B. 120 km/h auf der Hohen Ranach) den frischen Schnee in nördliche und östliche Expositionen transportierte, was zu äußerst auslösefreudigen Triebschneeansammlungen  bis hinab in bewaldete Bereiche führte.  Am Samstag dauerte der Föhnsturm weiter an und es kam zu zahlreichen Schneebrettlawinen in nördlichen und östlichen Expositionen, etwa auf der Hohen Ranach in den Seetaler Alpen, am Triebenkogel in den Rottenmanner Tauern, sowie am Lämmertörlkopf und Steineck, beide in den Wölzer Tauern.  Eine Schneedeckenuntersuchung unmittelbar am Anrissbereich eines Schneebretts am Triebenkogel zeigte, dass die Schneedecke in einem Hangbereich mit etwa 40 Grad Neigung innerhalb der frischen Schneeauflage in einer lockeren Schicht, die in einer Windpause entstanden ist, gebrochen ist. Diese Schwachschicht wurde durch eine festere, gebundene Triebschneeschicht überdeckt, womit alle Zutaten für eine Schneebrettlawine gegeben waren. Eine geringe Zusatzbelastung reichte aus, um an diesem Hang eine Schneebrettlawine auszulösen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war eine sehr ähnliche Schwachschicht auch Ursache der weiteren Lawinen dieses Tages.

Der Föhnsturm am Samstag wirkte nicht nur an den sonst üblichen exponierten hohen Lagen, sondern, wie hier am Triebenkogel, bis in bewaldete Bereiche hinein (Quelle: LWD Steiermark).

 

Anriss und Ablagerung eines kleinen Schneebretts am Triebenkogel (Quelle: LWD Steiermark).

 

Seinen „zweiten Geburtstag“ durfte am Samstag ein Tourengeher am Lämmertörlkopf feiern. Er wurde von einer selbst ausgelösten Lawine total verschüttet, konnte aber durch die sehr professionelle Hilfe seiner gut ausgerüsteten Kameraden und eines zufällig vorbeikommenden Bergrettungsmitgliedes schnell und unverletzt geborgen werden.

Schneebrettlawine am Lämmertörlkopf (Quelle: Kerschbaumer).


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