Erkundung im Steirischen Randgebirge Ost, Stuhleck, Lyragraben
Erstellt am 1. März 2015
Am „letzten Tag“ des meteorologischen Winters stand für den Lawinenwarndienst eine Ausfahrt im Steirischen Randgebirge Ost auf dem Programm. Wir begaben uns auf den höchsten Punkt dieser Gebirgsgruppe, um im Einfahrtsbereich des Lyragrabens (Stuhleck) einen genauen Blick in die Schneedecke zu werfen. Die ausgesetzten Gipfelbereiche wurden abgeblasen bzw. waren von Trieb- und Pressschnee überzogen. Dementsprechend kompakt gebunden zeigte sich auch die oberflächliche Schicht im Profil, die nur schlecht mit den kantigen Kornformen der Unterlage gebunden hat.
Die Verhältnisse im Lyragraben stehen wohl stellvertretend für alle vergleichbaren Nordhänge, wo kaum Strahlungseintrag zur Setzung der Schneedecke und zum Abbau von Schwachschichten beitragen kann. Hier überdauern Problemzonen über längere Phasen, bzw. entstehen im Zuge der aufbauenden Umwandlung auch „neue“ Schwachschichten in Form von kantigen Kristallen. Diese konnten bei der Profilerstellung am Stuhleck in sehr starker Ausprägung (Schwimmschnee, Tiefenreif) vorgefunden werden.
Auch ein Blick auf die bisherige Unfallstatistik spricht hier recht klare Worte: Neuerlich sind es (zumindest steiermark- und niederösterreichweit) die Schattsektoren, an denen sich die meist erhöhte Störanfälligkeit auch in den Unfallzahlen widerspiegelt: Ausnahmslos alle Lawinenunfälle der heurigen Saison, an denen sich Personen Verletzungen zuzogen oder getötet wurden, ereigneten sich im nord- bis ostseitigen Gelände! Dies ist zwar nicht als „Freibrief“ für die Sonnseiten zu werten, dennoch zeigt es die Störanfälligkeit der abgeschatteten Expositionen im heurigen Winter eindrucksvoll.
Unfallanalyse Guschen
Erstellt am 23. Februar 2015
Gemeinsam mit der Alpinpolizei wurde der tödliche Lawinenunfall Guschen analysiert. Eine Person fuhr am 22.02.2015 in einem extrem steilen Nordhang ein und löste dabei eine Lawine aus. Die Anrisshöhe betrug bei der Einfahrt 20cm. Die höchste Anrissmächtigkeit betrug 100cm. Das Schneebrett war 60m breit und ca. 400m lang. Die Person wurde vom Schneebrett mitgerissen und wurde tödlich verletzt.
Als Schwachschicht fungierten kantige Formen bzw. Schwimmschnee oberhalb einer harten Schicht, welche sich um den 10.01.2015 gebildet hat (siehe Schneeprofil Guschen). Die gleiche Schwachschicht wurde auch beim Lawinenunfall Lahnerleitenspitz festgestellt.
Was heuer bei den tödlichen Lawinenunfällen auffällt:
alle Auslösungen sind im Nordsektor
Hangsteilheiten (extrem steil): +- 45 Grad
Lawinenart: Schneebretter
Lage der Lawinenbahn, Quelle: BEV
Anrisshöhe bei der Einfahrt, Quelle: LWD
Die Lawine wurde genau beim Übergang von schneearmer zu schneereicher Zone ausgelöst.
Maximaler Anrisshöhe: 100cm, Quelle: LWD
Lawinenlänge: ca. 400m, Quelle: LWD
Schneedeckenuntersuchung Rottenmanner Tauern
Erstellt am 18. Februar 2015
Der einzige Schönheitsfehler der derzeit günstigen Lawinensituation sind die Schattseiten der Hochlagen, wo wir nach wie vor vereinzelte Gefahrenstellen nicht ausschließen können. Aus diesem Grund wurden am 18.2. in den Rottenmanner Tauern (Hauseck) nordseitig in knapp 2000m Höhe Schneedeckenuntersuchungen durchgeführt. Wir fanden lokal eine sehr stabile Schneedecke vor, die keine kritischen Schwachschichten aufwies. Das aufgenommene Schneeprofil ist unter dem entsprechenden Datum auf unserer Homepage unter "Aktuelles --> Schneeprofile (LAWIS)" zu finden.
Schneedeckenuntersuchung am Hauseck.
Auffallend war weiters die verbreitete und starke Oberflächenreifbildung. Da in den nächsten Tagen Erwärmung und keine Schneefälle zu erwarten sind, ist dieser Reif derzeit nicht lawinenrelevant. Er kann allerdings schattseitig durchaus einige Tage bestehen bleiben und wird eventuell am Wochenende eingeschneit. Tritt dieser Fall ein, verwandelt sich die Reifschicht sehr schnell in eine ernsthafte Gefahrenquelle, da er eine ideale Schwachschicht für Schneebretter darstellt.
Oberflächenreif im Nahbereich der Edelrautehütte.
Tödlicher Lawinenunfall auf der Lahnerleitenspitze
Erstellt am 17. Februar 2015
Am Sonntag, dem 15.02.2015 kam es in den Eisenerzer Alpen zu einem tragischen Lawinenunfall, der zwei Menschenleben forderte. Eine vierköpfige Gruppe löste bei der nordseitigen Abfahrt von der 2027m hohen Lahnerleitenspitze Richtung Schafbödenalm ein Schneebrett aus. Dabei wurden drei Tourengeher mitgerissen, zwei von ihnen zogen sich tödliche Verletzungen zu. Die Anrisshöhe des etwa 30m breiten Schneebretts lag bei ca. 20cm, die Lawine überwand auf ihrer Sturzbahn knapp 500 Höhenmeter.
Im Rahmen der Unfallerhebung konnte sogleich ein Erkundungsflug durchgeführt werden, wobei sich deutliche Unterschiede zur letzten Hubschraubererkundung vom Mittwoch der vergangenen Woche zeigten. Waren es zum damaligen Zeitpunkt in erster Linie spontane Schneebretter und Lockerschneelawinen, so prägten in der Folge deutlich mehr Gleitschneelawinen das Bild der spontanen Lawinenaktivität – eine Auswirkung der längeren Schönwetterperiode aufgrund des beständigen Hochs.
Schneedeckenerkundung Nordalpen am 11.02.2015 – ein ganz schön langer Tag.
Erstellt am 12. Februar 2015
Nach der stürmischen und schneereichen Wetterphase zu Wochenbeginn, die uns veranlasste, erstmals in diesem Winter die Gefahrenstufe 4 auszugeben, galt es sich einen Überblick darüber zu verschaffen, in wieweit sich diese kritische Phase schon wieder entspannt hat.
Mit dem Hubschrauber des BMI wird als erste Station die Messnerin angeflogen, wobei sich die Landung nahe des Gipfels wegen des noch böigen Nordwindes als gar nicht so einfach darstellte. Hier ziehen nach Süden einige Lawinenbahnen Richtung Haringgraben, welche die dortige Gemeindestraße gefährden.
Nachdem die zuständige Gemeinde nach der Fusionierung derzeit ohne Lawinenkommission dasteht, steht der Lawinenwarndienst dem Regierungskommissär beratend zur Seite.