Erklärung der Symbole

Die Erfassung der herrschenden Lawinensituation ist ein mitunter recht komplexer und schwieriger Prozess, der einiges an Erfahrung und fundiertes lawinenkundliches Wissen voraussetzt. Um es den Nutzern des Lawinenberichts einfacher zu machen, sich einen schnellen Überblick über die aktuellen Verhältnissen zu verschaffen, haben sich die österreichischen Lawinenwarndienste dazu entschlossen, die jeweils herrschenden Lawinenverhältnisse in einprägsame, immer wiederkehrende Probleme einzuteilen. Man einigte sich auf die Verwendung von 5 Hauptproblemen (zusätzlich: „günstige Situation“), die den gesamten Saisonverlauf – von den ersten relevanten Schneefällen im Spätherbst/Frühwinter bis hin zum Saisonende im späteren Frühjahr – abdecken und im Lagebericht als Icons dargestellt werden.

Darüber hinaus verwendet der Lawinenwarndienst Steiermark zusätzliche Symbole, um die besonders gefährdeten Hangexpositionen (WO? liegt das Problem), den überwiegenden Auslösemechanismus (WIE? kommt es zur Auslösung) sowie die problematischste Schwachschicht im Schneedeckenaufbau (WARUM? besteht das Problem) in grafischer Form darzustellen.

Erfordert es die Lawinensituation, kann auf maximal zwei Hauptprobleme und deren Eigenschaften grafisch hingewiesen werden. 

 

Nachfolgend ist eine kurze Beschreibung der verwendeten Symbole gelistet, welche einen Überblick über diese Neuerung im Lawinenbericht gibt.

 

 

Überblick über alle verwendeten Symbole


 

Hauptprobleme (WAS?)

Die jeweils herrschende Lawinensituation wird durch eines der folgenden Symbole charakterisiert:

Triebschnee – Wind führt zu Verfrachtungen

Der alte (aber nach wie vor gültige) Ausspruch von W. Paulke aus den 1930er Jahren beschreibt das Kernproblem dieser Situation sehr treffend: „Wind ist der Baumeister der Lawinen“. Dieser vielzitierte Wind ist maßgeblich für die Verfrachtungen sowohl von fallendem Neuschnee während eines Niederschlagsereignisses aber auch von bereits abgelagertem, jedoch lockerem und somit verfrachtungsfähigem Altschnee verantwortlich.

Durch die Windeinwirkung kommt es zur mechanischen Bearbeitung und Zertrümmerung der Schneekristalle. Es bildet sich eine gebundene, oft unter Spannung stehende Schneetafel, die als Schneebrettlawine abrutschen kann (Vorhandensein einer Schwachschicht und ausreichende Hangsteilheit vorausgesetzt).

Triebschneebereiche bilden sich vorzugsweise im Lee (windabgewandtes Gelände) von Hohlformen wie Rinnen, Mulden oder dergleichen, da hier aufgrund der Geländebeschaffenheit und der geringeren Windgeschwindigkeiten der verfrachtete Schnee deponiert wird. Mit zunehmender Stärke der Windeinwirkung nimmt der Umfang der Gefahrenstellen zu und breitet sich von kammnahen hohen Regionen mitunter auch auf kammfernere und tiefer gelegene Bereiche (z.B. im Wald) aus.

Mit Triebschnee befüllte Hangzonen können anhand auffallender Oberflächenstrukturen der Schneedecke zwar oft von lawinenkundigen Personen erkannt werden, jedoch gibt es auch besonders tückische Fälle, in denen die „Triebschneefalle“ selbst für geschulte Augen oberflächlich kaum auszumachen ist. Dies ist am häufigsten dann der Fall, wenn störanfälliger Triebschnee von lockerem, ungebundenem Schnee überdeckt wird. Außerdem machen schlechte Sichtbedingungen das Erkennen der dieser Gefahrenstellen oft unmöglich.

Typische zu erwartende Lawinen: Schneebretter

 

Neuschnee – Zusatzlast durch Neuschneeschicht

Fallender Neuschnee bildet eine frische Auflage, deren Gewicht für die Altschneedecke eine zusätzliche Belastung darstellt. Die Lawinengefahr hängt im jeweiligen Fall sehr stark von der Menge des gefallenen Neuschnees aber auch von der Dauer des Niederschlagsereignisses (Intensität) ab. Darüber hinaus spielen die herrschenden Luft- und Schneetemperaturen – ganz besonders während des Einsetzens des Niederschlages – eine für die Stabilität der Verbindung zur Altschneedecke entscheidende Rolle.

Typische zu erwartende Lawinen: Lockerschneelawinen, Schneebrettlawinen

 

Nassschnee – eindringendes Wasser schwächt Schneedecke

In die Schneedecke eindringendes Wasser schwächt deren Stabilität und es kommt dadurch vermehrt zu spontanen Lawinenabgängen besonders über glatten Geländeoberflächen (z.B. langes Gras, glatte Felsplatte) oder über einer verfestigten Schicht in der Schneedecke (z.B. Harsch-, Eisschicht).

Der Grund für diesen Stabilitätsverlust liegt darin, dass freies Wasser die Schneedecke durchfeuchtet und die Bindung der Schneekristalle schwächt. Sowohl Regen als auch der durch den Schmelzprozess entstehende Wassereintrag sind die maßgebenden Faktoren für dieses Gefahrenmusters.

Typische zu erwartende Lawinen: Grundlawinen, Lockerschneelawinen, Schneebrettlawinen

 

Altschnee – Schwachschicht im Altschnee

Von einer Schwachschicht im Altschnee spricht man, wenn eine ältere, jedoch problematische Schicht in tieferen Bereichen der Schneedecke vorhanden ist, die bei einer Störung zu einer Lawinenauslösung führen kann. Dies ist besonders heimtückisch, da diese Situation oft lange Zeitperioden überdauert und oberflächlich – selbst für Lawinenkundige – nicht erkannt werden kann. Der Blick in die Schneedecke sowie die anschließende korrekte Interpretation der Schwachschicht sind in diesem Fall unerlässlich.

Typische zu erwartende Lawinen: Schneebrettlawinen (meist größeren Ausmaßes)

 

Gleitschnee – gesamte Schneedecke rutscht am Boden

Diese Situation wird von Gleitschneelawinen geprägt. Sie gehören wohl zu den am schwierigsten zu prognostizierenden Lawinenarten, da sich ihr Abgangszeitpunkt kaum vorhersagen lässt. Bei einer Gleitschneelawine handelt es sich um eine Grundlawine, d.h. als Gleitschicht fungiert immer eine Schmierschicht am Boden, auf der die gesamte Schneedecke abrutscht. Im Wesentlichen sind zwei unterschiedliche Mechanismen für die Entstehung dieser Lawinenart (bzw. der Schmierschicht) von Bedeutung:

Der Abgang von Gleitschneelawinen korreliert nicht mit dem Tagesgang der Lufttemperatur! Häufig kommt es während der Nacht zu vermehrter Lawinenaktivität.

Gleitschneelawinen kündigen sich immer in Form von aufgehenden Schneemäulern an, jedoch muss im Umkehrschluss nicht jedes geöffnete Schneemaul zwangsläufig zu einer Gleitschneelawine führen. Es handelt sich dabei immer um spontane Lawinen aus gebundenem Schnee die bis zum Grund abgehen und nicht durch die zusätzliche Belastung von Wintersportlern zur Auslösung gebracht werden können. Dennoch müssen Schneemäuler in jedem Fall als Gefahrenzeichen interpretiert werden, Bereiche darunter (und idealerweise auch darüber) sollten stets gemieden werden.

Typische zu erwartende Lawinen: Gleitschneelawinen

 


Günstige Situation (WAS?)

überwiegend günstige Situation

Wird die Lawinengefahr von keiner der oben angeführten Situationen stark geprägt, so herrschen überwiegend günstige Verhältnisse. Im Allgemeinen bedeutet dies eine gut gesetzte Schneedecke ohne großflächige oder leicht zu störende Schwachschichten. Die eventuell vorhandenen, vereinzelten Gefahrenstellen beschränken sich in diesem Fall weitgehend auf das extrem steile Gelände.

Abseits der Lawinengefahr ist bei diesem Muster häufig – aufgrund der oftmals damit einhergehenden vereisten Verhältnisse – auf die Absturzgefahr zu achten.

 


 

Auslösearten (WIE?)

Erklärung der unterschiedlichen Arten, wie es in erster Linie zur Lawinenauslösung kommen kann:

 

Lawinen lösen sich überwiegend spontan

Lawinen lösen sich in diesem Fall vermehrt ohne äußere Zusatzbelastung von selbst („spontan“). Wichtig ist bei dieser Situation auch die (flacheren) Auslaufbereiche von Lawinen zu meiden.

 

 

überwiegend durch geringe Zusatzbelastung

Externe Einflussfaktoren – wie beispielsweise Wintersportler – üben aufgrund ihres Eigengewichts eine zusätzliche Belastung auf die Schneedecke aus. Im Falle eines einzelnen (sanft schwingenden, nicht stürzenden) Skifahrers oder Snowboarders spricht man von einer geringen Zusatzbelastung. Bei ungünstigem Schneedeckenaufbau kann dies bereits ausreichen, um eine Lawine auszulösen.

 

überwiegend durch große Zusatzbelastung

Von einer großen Zusatzbelastung spricht man ab zwei (oder mehr) Skifahrern (bzw. Snowboarder) ohne Entlastungsabstände (Sicherheitsabstand beim Aufsteigen und Abfahren). Auch Pistengeräte, einzelne stürzende Schifahrer oder Fußgeher (bei gleichem Gewicht kleinere Auflagefläche als ein Skifahrer) fallen in die Kategorie der großen Zusatzbelastung.

 


 

Lage der Schwachschicht in der Schneedecke (WARUM?)

Die folgenden sieben Symbole stellen die dominierende Schwachschicht dar:

 

Schwachschicht innerhalb frischer Schneeauflage

Dieses Symbol wird verwendet, wenn eine Schwachschicht innerhalb der frischen Schneeauflage neu entstanden ist. Ein typisches Beispiel dafür ist das Entstehen einer eingelagerten Graupelschicht. Ein weiterer Fall wäre, wenn der Neuschnee bei stark schwankenden Windverhältnissen fällt, sodass eine Abfolge von gebundenen und lockeren, ungebundenen Schneeschichten entsteht.

 

Schwachschicht im Übergang zum Altschnee

Lagert sich Triebschnee auf einer gut gesetzten Altschneedecke ab, so verschärft sich die Lawinengefahr schlagartig. Ein klassisches Beispiel ist etwa länger andauernder Hochdruckeinfluss, der oftmals mit einer generell gut gesetzten, jedoch reifüberzogenen Altschneedecke einhergeht. Sobald sich darauf Triebschnee ablagert, wird aus dem Reif im Handumdrehen eine eingelagerte (und sehr gefährliche) Schwachschicht.

 

Gut verbundene Schneeauflage – Schwachschicht im Altschnee

Neuschnee fällt nicht zwangsläufig unter Windeinfluss und muss daher nicht zu einer Erhöhung der Lawinengefahr führen. Halten sich die ungebundenen Schneemengen (und damit die Zusatzlast der Schneedecke) in Grenzen, geht von der Neuschneeauflage keine unmittelbare Gefahr aus. Wohl aber wird auf die mögliche Existenz einer Schwachschicht in der Altschneedecke hingewiesen. Dies könnten beispielsweise kantige Kristalle sein, die sich im Bereich von Schichtgrenzen ausgebildet haben und den Schneedeckenaufbau schwächen.

 

Schwachschicht im Altschnee

Zwar blieben in dieser Situation frische Schneefälle aus, jedoch existieren in der Altschneedecke weiterhin Schwachschichten. Als Beispiele können kantige Formen/Schwimmschnee/Tiefenreif genannt werden. Je näher sie an der Oberfläche liegen, umso leichter können sie durch die Zusatzbelastung von Wintersportlern ausgelöst werden.

 

Schwachschicht im Altschnee – teilweise durchfeuchtet/durchnässt

In diesem Fall wird die Schneedecke durch Regen oder die einsetzende Schneeschmelze an der Oberfläche durchfeuchtet bzw. durchnässt. Der Durchfeuchtungsprozess ist hierbei jedoch noch nicht so weit fortgeschritten, dass das freie Wasser den Boden erreicht. Durch diese Durchfeuchtung verliert die Schneedecke an Festigkeit und eine höhere Nassschneelawinenaktivität ist die Folge.

 

Gleitschicht am Boden – vollständig durchfeuchtet/durchnässt

Bei fortschreitendem Durchfeuchtungsprozess erreicht das freie Wasser schließlich den Boden und begünstigt hier die Ausbildung einer Schmierschicht. Als Gleitschicht dient der Boden selbst, oftmals vermindert langes, umgebogenes Gras oder glatter Fels die Reibung zusätzlich, wodurch die Gefährdung durch Gleitschneelawinen ansteigt.

 

Gleitschicht am Boden

Der Boden kann auch ohne Durchfeuchtung (von oben) als Gleitschicht fungieren. Nämlich dann, wenn Wasser von unten in die Schneedecke aufsteigt (Kapillarwirkung) oder wenn durch die Bodenwärme der Schnee von unten geschmolzen wird. Ein klassischer Fall für eine erhöhte Gleitschneelawinenaktivität ist dann gegeben, wenn warmer, noch ungefrorener Boden von den ersten ergiebigeren Schneefällen des Frühwinters überdeckt wird.