Seckauer Zinken, Südrinne – vier Todesopfer innerhalb der letzten 15 Jahre

Erstellt am 8. April 2018

Der Seckauer Zinken ist ein 2397m hoher Berg im Gebirgszug der Seckauer Tauern (Niedere Tauern Süd). Hier kam es innerhalb der letzten Jahre zu einer außergewöhnlichen Häufung von fatalen Lawinenunfällen, die sich allesamt in der Südrinne dieses Berges ereigneten. Die großflächigen, freien Hänge in einem Höhenbereich deutlich oberhalb der Waldgrenze sind dem Windeinfluss schutzlos ausgeliefert und so kommt es hier speziell bei Triebschneesituationen zu effektiven Schneeumlagerungen. Überwiegend in Phasen mit Nord- oder Nordwestwind lagern sich in den Südsektoren tückische Triebschneepakete ab. Oftmals sind angrenzende Hangzonen so stark abgeweht, dass deren Befahrung nur mehr schwer möglich ist, dann scheint eine Abfahrt durch die mit Triebschnee befüllte Rinne umso verlockender. Die Parallelen der Verhältnisse zeigen vor allem die Vergleichsfotos der Unfälle aus den Jahren 2003 und 2013.

 

Ein Rückblick auf die Unfälle der Jahre 2003 und 2013

Am 01.03.2003 querten zwei Tourengeher im oberen Drittel die Südrinne und lösten dabei ein Schneebrett aus, das sie etwa 300m mitriss und ca. 2m tief verschüttete. Die Wintersportler trugen keine LVS-Geräte und konnten im Rahmen einer großangelegten Suchaktion nach 4 Stunden gefunden und nur noch tot geborgen werden.

Der Schneedeckenaufbau zum damaligen Zeitpunkt war ungünstig, Triebschneepakete überdeckten kantige Schichten. Auch zum Zeitpunkt des Unfalls herrschten stürmische Wetterbedingungen, die zu frischen Einwehungen führten.

Sehr langer seitlicher Anriss entlang der Südrinne des Seckauer Zinkens. Hier kam es am 01.03.2003 zu einer Schneebrettauslösung, die zwei Tourengehern das Leben kostete. Foto: LWD

 

Zehn Jahre später ereignete sich in derselben Rinne am 18.01.2013 der einzige tödliche Lawinenunfall des Winters (2012/13) in der Steiermark. Zwei Tourengeher stiegen westlich der Südrinne zum Gipfel auf, welchen sie am Nachmittag schließlich erreichten. Aufgrund der fast schneefreien Verhältnisse wählten die beiden für ihre Abfahrt nicht – wie zunächst geplant – den Bereich ihrer Aufstiegsspur, sondern fuhren in die Südrinne ein. Dabei löste sich ein Schneebrett, welches einen Tourengeher mitriss und vollständig verschüttete. Sein Kollege schaffte es, mittels Schussfahrt zu entkommen und wurde nicht mitgerissen. Er konnte den Verschütteten anschließend orten und aus 1,2m Tiefe nur noch tot bergen.

Die Tage vor dem Unfall waren von Schlechtwetter mit tiefen Temperaturen, stürmischem Nord- bis Nordwestwind sowie etwa 15cm Neuschnee geprägt. Während das Schrofengelände außerhalb der Rinne abgeblasen wurde, lagerte sich in der Südrinne (Geländehohlform) immer wieder Triebschnee ab. Im Rahmen einer Unfallerhebung wurde als Schwachschicht unterhalb der Triebschneeauflage eine dünne Schicht mit kantigen Kristallen festgestellt. Am Unfalltag herrschten zudem schlechte Sichtbedingungen, welche die Bewertung der Lawinengefahr vor Ort wie auch die Wahl der Abfahrtsroute beeinträchtigten.

Anderer Kamerawinkel als beim vorangegangenen Foto, jedoch beinahe dieselbe Schneeverteilung: Abgeblasen Bereiche rings um die mit Triebschnee befüllte Rinne. Während ein Tourengeher aus der Lawine noch seitlich ausfahren konnte, wurde sein Kollege mitgerissen und verschüttet – für ihn kam am 18.01.2013 jede Hilfe zu spät. Foto: LWD

 

Tödlicher Lawinenunfall am 20.03.2018

Im März dieses Jahres herrschte ebenfalls eine längere Triebschneephase. Speziell am Beginn der zweiten Märzhälfte war es für die Jahreszeit untypisch kalt und ziemlich windig. Verfrachtungen lagerten auf kantigen Kornformen und überdeckten zum Teil störanfälligen Oberflächenreif.

Am 20.03.2018 unternahm ein Wintersportler alleine eine Skitour Richtung Seckauer Zinken. Da er am nächsten Tag nicht in der Arbeit erschien und ein Kollege von dessen Tourenziel am Vortag Bescheid wusste, wurde eine großangelegte Suche eingeleitet. Das Auto des Vermissten konnte am Ausgangspunkt der Tour gefunden werden, zudem hatte ein Waldarbeiter den aufsteigenden Tourengeher unmittelbar nach dem Start seiner Skitour gesehen. Dennoch blieb die aufwendige und aufgrund der herrschenden Lawinenverhältnisse nicht ungefährliche Suche der Bergrettung und Alpinpolizei in dem sehr weitläufigen Gebiet zunächst ergebnislos.

Blick auf die Schollen bzw. die beginnende Ablagerungen der Schneebrettlawine. Im Winter 2017/18 lag mehr Schnee als bei den beiden vorangegangenen Unfällen der jahre 2003 und 2013. Das Foto wurde am 22.03.2018 aufgenommen. Foto: LWD

 

Rund zweieinhalb Wochen später (am 07.04.2018) konnte der Lawinenhund eines Bergretters den tödlich verunglückten Tourengeher in einer Tiefe von rund 60cm orten. Er dürfte im Aufstieg auf den Seckauer Zinken in der Südrinne ein Schneebrett ausgelöst haben, das ihn mitriss und zur Gänze verschüttete. Er trug kein LVS-Gerät.