Nach mehreren Tagen mit Sturm und Schneefall luden die Wetterverhältnisse am Dreikönigstag zahlreich Wintersportler zu Aktivitäten in die Berge ein. Die Lawinensituation war in vielen Regionen heikel, störanfälliger Triebschnee forderte im freien Gelände defensives Verhalten.
Wie erwartet gab es einige Lawinenereignisse. Zahlreiche Meldungen erreichten uns von spontanen Lawinenabgängen aus sonnenexponierten Hangzonen (markant bspw.am Dachstein (Hunerkogel), Grimming oder einige Rinnen in den Niederen Tauern).
Ein Lawineneinsatz mit ca. 85 Helfern musste zu Mittag auf der Tauplitz in Gang gesetzt werden. Zwei Wintersportler fuhren abseits der Piste in den bereits stark zerfahrenen Südhang im Bereich Kriemandl ein. Einer von ihnen löste dabei im steilen Gelände - wahrscheinlich im Übergangsbereich von wenig zu viel Schnee – eine mittlere Schneebrettlawine aus. Da nicht sichergestellt werden konnte, ob eine der beiden Personen mitgerissen wurde, begannen die Helfer – bestehend aus Bergrettung und Alpinpolizei – den Lawinenkegel mit LVS, Recco und Lawinenhunden abzusuchen. Nachdem die „Ortung“ ergebnislos blieb, wurde der gesamte, teils einige Meter mächtige Ablagerungsbereich sondiert – ebenfalls ohne Ergebnis.
Da die Mitarbeiter des Lawinenwarndienstes zufällig in der Nähe des Unfalls gerade mit einer Schneedeckenuntersuchung beschäftigt waren, konnten sie zusammen mit der Bergrettung ein Schneeprofil am Anriss der Lawine aufnehmen. So wie erwartet erfolgte der Bruch im Übergang zwischen dem Triebschneepaket, welches sich in den letzten drei Tagen gebildet hatte und einer Harschschicht. Mehr Infos gibt’s im LAWIS unter Schneeprofile und Lawinenereignisse
Heikle Lawinensituation
Erstellt am 5. Jänner 2015
Der Kaltfrontdurchgang in der Nacht vom 03.01. auf 04.01. leitete die derzeit herrschende, heikle Lawinensituation ein. Die Problematik besteht zurzeit in den teils großen Mengen an Neuschnee - bis zu einem Meter seit Beginn des Ereignisses den Nordalpen - die mit dem stürmischen NW-Wind in sämtliche Expositionen verfrachtet wurden. Dieser Triebschnee lagerte sich auf zwei zurzeit großräumig existierenden Schwachschichten ab:
In sonnseitigen Expositionen bzw. dort, wo es am 03.01. länger in die Schneedecke geregnet hat (bis 1700m), bildete sich ein Harschdeckel aus, auf dem die abgelagerte Schicht bei einer Störung abgleitet.
Schattseitig kam er auf eine Altschneedecke mit mehrere Krusten zu liegen, zwischen denen aufgebaute, kantige Kristalle den Schneedeckenaufbau schwächen. Zusätzlich besteht hier das Fundament meist aus kantigen Formen (Schwimmschnee), wodurch sich die Stabilität der Schneedecke ungünstig gestaltet.
Meldungen von Sprengerfolgen auf der Tauplitz sowie von Schneedeckenuntersuchungen und vereinzelten Auslösungen bestätigen die heikle Situation sowie die existierenden Gefahrenbereiche im Gelände und in der Schneedecke.
Morgen (06.01.) wird von Westen her Hochdruckeinfluss wirksam. Mit der Einstrahlung werden in den schneereichen Gebieten vermehrt spontane Rutsche und Lawinenabgänge erwartet. Die heikle Triebschneesituation bleibt weiter bestehen. Trotz erstem schönen Tag nach der Schlechtwetterperiode gilt für alle Aktivitäten auf den Bergen DEFENSIVES VERHALTEN in allen Hangbereichen!
Tödlicher Lawinenunfall am Gr. Pyhrgas 2244m (Grenzgebiet OÖ-STMK)
Erstellt am 31. Dezember 2014
Bericht der Bergrettung vom Lawinenunfall am 28.12.2014 (Quelle: Heli S.)
Der Unfall:
Aufstieg vom Rohrauerhaus über den Hofersteig. Zu Fuß, ohne Schier, aber auch ohne Pieps, Schaufel, Sonde.
Der Weg war durch Schneeverfrachtung vollkommen zugeglättet, so kamen sie durch die schlechte Sicht vermutlich zu weit links.
In 1900m entschieden sich die 3 Winterbergsteiger umzukehren. Im gleichen Moment kam über eine Felsstufe eine Lawine auf sie zu und riss sie bis auf 1520m hinunter. Fast 400 Höhenmeter! Für den 31. jährigen, er war ganz verschüttet, sein Rucksack ragte aus dem Schnee, kam durch die schweren Verletzungen jede Hilfe zu spät.
Die Aufnahmen 1,2 und 4 stammen vom 29.12. um ca 9:00 früh, bevor der nächste Schneefall einsetzte. Am Abend des 28. und in der Nacht hat der Schneefall ausgesetzt und der Wind nachgelassen, so sind die am Bild zu sehenden Verhältnisse ident mit der Lage am Unfallstag.
Kalter Schnee und starker Wind gibt eine sehr aggressive Schneekonsistenz!
Schlechte Sicht, Schneefall, starker Wind, frisch verfrachteter Schnee, eisige Temperaturen, riesiger Leehang, 35 bis 45 Grad Steilheit, felsdurchsetzt, das sind alles Zutaten für eine äusserst kritische Lawinensituation.
47 Bergretter und 5 Alpinpolizisten waren im Einsatz. Mit der Risikobereitschaft von einigen wenigen werden ganze Bergrettungsmannschaften in große Gefahr gebracht! Zum Glück hat sich während der Bergung keine zweite Lawine gelöst!
Grundloser Pulver, teilweise starke Verfrachtungen, beim Gehen immer wieder Anzeichen von kleinen Anrissen, 30 bis 40cm Schnee, gefallen in den letzten 2 Tagen, davor war kein Schnee in der Südflanke, 10 bis 20cm Neuschnee. In Rinnen, Mulden und eingewehten Bereichen bis zu 1m Schnee. Wetter: -12° in 1500m, kalter Wind, schlechte Sicht, Schneefall, Schneeverfrachtungen.
Erkundung der Verhältnisse in den östlichen Nordalpen
Erstellt am 29. Dezember 2014
Nach dem morgendlichen Telefonat mit unserem Wetter- und Lawinenmelder auf der Veitsch, Josef Scheikl entschieden sich die Mitarbeiter des Lawinenwarndienstes aufgrund der herrschenden Schnee- und Wetterbedingungen die Situation eben dort zu erkunden. Nach einem Aufstieg entlang der beschilderten Route Richtung Graf Meran Haus in einer weitgehend lockeren und ungebundenen Schneedecke wirkte der vorhergesagte stürmische Nordwind kurz vor dem Ausstieg auf das Plateau bereits kräftig auf die zahlreichen Alpinisten und die Schneedecke ein.
Unangenehmer Nordwind und leichter Schneefall unmittelbar beim Graf Meran Haus auf ca. 1830m Seehöhe
Bei der Abfahrt durch die SW-exponierte Schallerrinne bildeten sich an den Randbereichen bereits frische Einfrachtungen (spröde, gebundene Triebschneeauflage auf lockerer Schneeschicht), die sich mit anhaltendem Wind im Tagesverlauf und in der darauffolgenden Nacht vermehrt in den Leeseiten oberhalb der Waldgrenze ausbilden konnten.
Typische Situation: Triebschnee. Kalter, verfrachtungsfähiger Schnee und Wind führt zur Ausbildung von Triebschneebereichen
Die herangeführten arktischen Luftmassen sorgen zusammen mit dem stürmischen Wind zurzeit für extreme gefühlte Temperaturwerte auf den Bergen.
„Wind-Chill“ Temperatur in der Steiermark vom 28.12.2014
Kritische Harschschicht im Dachsteingebiet – Update
Erstellt am 27. Dezember 2014
Die Schneehöhen sind im Allgemeinen derzeit – trotz aktuellen „Nachschubs“ – insgesamt noch immer auf der mageren Seite und Skitour-Unternehmungen somit stark eingeschränkt. Nichtsdestotrotz sind Gefahrenstellen in den höheren Lagen durchaus „schon“ vorhanden, auf die uns eingegangene Meldungen aus dem Dachsteingebiet auch deutlich aufmerksam gemacht haben.
Das nachfolgende Bild zeigt die verharschte/vereiste Oberfläche der Altschneedecke am Dachstein, allerdings noch vor dem Einsetzen der Schneefälle (die Aufnahme stammt vom 24.12.2014, „Schöberl“). Wenn man sich die Folgeentwicklung vor Augen hält, so kann man davon ausgehen, dass sich oberhalb dieser „Eisfläche“ Triebschnee abgelagert hat, der bei Zusatzbelastung zur Auslösung gebracht werden kann.
Der Wind ist nach wie vor wirksam, wehte bisher stürmisch aus Nordwest bis West, dreht heute auf Südwest und wird morgen vermehrt aus nordöstlichen Richtungen wehen und dabei abermals an Stärke gewinnen. Darüber hinaus gehen die – bereits winterlichen – Temperaturen weiter zurück. All dies sind Indizien dafür, dass dieses Problem wohl länger bestehen wird.
Ausgeprägte Harschschicht am "Schöberl", aufgenommen vor den Schneefällen am 24.12.2014 (Foto: Lambert Traninger)